Kecke Flossen streckten sich beim Ponton-Nachfolger aus der trapezförmigen Karosserielinie, und längst nicht jeder 
						potenzielle Mercedes-Käufer zeigte sich mit den modischen Designansätzen einverstanden. Unschicklich galt es manchen, 
						andere wünschten sich schlicht mehr Diskretion.	Dabei hatte Mercedes-Benz im Sommer 1961 sein Baukastenspiel nur 
						fortgesetzt. Diesmal baute der Mittelstand auf der Plattform und der stilistischen Grundlage der zwei Jahre zuvor 
						gestarteten Oberklasse auf. Von der Windschutzscheibe bis zum Heck entsprach er seinem großen Bruder, der Vorbau 
						dagegen war um 145 Millimeter gestutzt worden. Die äußere Erscheinung litt darunter nicht, und die imposanten 
						Abmessungen erschienen beinahe so amerikanisch wie die Flossen im Heck. Fast schon schien der Mercedes-Benz 190 c 
						(Baureihe W110) die Mittelklasse noch oben verlassen zu wollen: Seine Vorgänger hatte er jedenfalls um 5,5 Zentimeter 
						in der Breite und enorme 23 Zentimeter in der Länge übertroffen. Der Platz, den der Kofferraum im ausladenden Heck 
						bot, war schlicht gigantisch.
  
						Wenig neues hatte sich Mercedes in Sachen Technik einfallen lassen. 80 PS genügten für kommodes Reisen, das auf Wunsch 
						ab August 1962 noch bequemer werden konnte, wenn die hauseigene Viergang-Getriebeautomatik geordert wurde, die ein 
						Planetengetriebe mit einer hydraulischen Kupplung kombinierte. Mehr Sicherheit boten ein Jahr später vordere 
						Scheibenbremsen und zwei getrennte Bremskreise.	Ein ganzes Stück kultivierter als ihr Vorgänger zeigte sich die 
						Diesel-Version 190 Dc. 55 PS leistete der Vorkammermotor nun und beschleunigte die selbstzündende Heckflosse auf bis 
						zu 130 km/h – Werte, mit denen es sich gut leben ließ in den frühen sechziger Jahren. Besonders die Taxi-Fraktion 
						griff kräftig zu und sorgte dafür, dass fast zwei Drittel aller “kleinen Heckflossen“ mit Diesel bestellt wurden. Das 
						hatte es bei einer Personenwagen-Baureihe noch nicht gegeben.
  
						Eine umfangreiche Modellpflege ließ Mercedes dem W 110 im Sommer 1965 angedeihen. Nach außen berichten zusätzliche 
						Leuchten unter den Scheinwerfern und trapezförmige Heckleuchten von der sanften optischen Überarbeitung. Die jetzt 
						fünffach gelagerte Kurbelwelle beruhigte den Lauf des Zweiliter-Vierzylinders, und im gleichen Atemzug förderte eine 
						Zwei-Vergaser-Anlage in Kooperation mit einer höheren Verdichtung die Leistungsentfaltung: 95 PS und 160 km/h konnten 
						sich sehen lassen.
  
						Wem das nicht reichte, dem half Mercedes-Benz im 230 mit dem Sechszylinder aus, der sonst in der “Großen Flosse“ 
						seinen Dienst versah. Er passte auch unter die kürzere Haube des Mittelklässlers, und selbst zunächst auf 105 PS 
						gedrosselt sorgte er noch für ausreichend Kraft. Ab August 1966 leistete dann die unveränderte 230 S-Maschine mit zwei 
						Registervergasern 120 PS, und mit einer Spitze von knapp 180 km/h zählte der Viertürer zum Angstgegner vieler 
						Sportwagepiloten. Doch auch andere Formen der Exklusivität gab es für Interessenten spezieller Lösungen. Der 200 D und 
						der 230 konnten in einer Langversion geliefert werden, die um 40 Zentimeter gestreckt war. Sie blieb genauso rar wie 
						der über die Daimler-Benz-Verkaufsorganisation vertriebene, bei IMA in Belgien gebaute W 110-Kombi mit dem Namen 
						“Universal“. |